Hitler vor Gericht
Drama
Am 1. April 1924 wird der vorbestrafte, nationalsozialistische Propagandist Adolf Hitler wegen Hochverrats zu fünf Jahren "Festungshaft" (Ehrenhaft) verurteilt. Kein Wort über die vier Polizisten, die während seines Putschversuches am 9. November 1923 in München erschossen wurden, oder über die 16 getöteten Putschisten. Kein Wort darüber, dass der 1922 bereits einmal wegen Landfriedensbruchs verurteilte Hitler keine Bewährungsfrist mehr hätte bekommen dürfen, als Ausländer sogar hätte abgeschoben werden müssen. Bei Würdigung aller Umstände kommt man nicht umhin, das Urteil auch aus damaliger Sicht als klare Rechtsbeugung zu werten, die vor dem Hintergrund des weiteren Verlaufs der Geschichte eine dramatische Tragweite bekam. Die Richter stellten dem Angeklagten baldige Entlassung in Aussicht, schließlich seien die Angeklagten, "bei ihrem Tun von rein vaterländischem Geiste und dem edelsten selbstlosen Willen geleitet" gewesen. Ein Grund für das skandalöse Urteil ist bereits die bewusste Einsetzung des rechtskonservativen Richters Georg Neithardt (George Meyer-Goll), der Hitler schon 1922 zunächst wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung verurteilt und ihm dann zwei von drei Monaten Haft "erlassen" hatte. Er sympathisierte offen mit den Putschisten und schritt nicht ein, als der Hochverräter Adolf Hitler den Gerichtssaal zum öffentlichen Forum für mehrstündige Propagandareden gegen die "Novemberverbrecher" in Berlin, die parlamentarische Demokratie und die Weimarer Verfassung machte. "Ich habe natürlich das Bestreben und erkenne an, dass es im Interesse der Angeklagten liegt, möglichst vor breiter Öffentlichkeit zu verhandeln. Das Gericht wird dem selbstverständlich, soweit es möglich ist, Rechung tragen", so Neithardt zu Beginn der Hauptverhandlung. Die Einsetzung Neithardts geschieht jedoch nicht zum Schutz Hitlers, sondern um die Mitwirkung der hohen Staatsbeamten Gustav von Kahr (Alexander Held), Otto von Lossow (Johannes Silberschneider) und Hans von Seißer (Franjo Marincic) am Putsch zu verschleiern. Ein falsches Spiel, in dem Hitler selbst jedoch mehr Bauer als König ist. Lediglich der untersuchungsführende Staatsanwalt Hans Ehard (Heinrich Schmieder) versucht, dem Recht Geltung zu verleihen - vergeblich. Auch die von dem Prozessbeobachter und späteren Bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner (Andreas Nickl) gesammelten Prozessprotokolle, seine Bemühungen, diesen Prozess wieder aufzurollen, und ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags bleiben in den folgenden Jahren ohne Wirkung. Die Haftzeit in Landsberg am Lech verlebt Adolf Hitler mehr als Pensionsgast denn als Strafgefangener. Unzensiert darf er Post empfangen und verschicken, ungehindert zahlreiche Besucher empfangen. Die Zeit nutzt er, um seinem Sekretär Rudolf Heß das erste Kapitel von "Mein Kampf" zu diktieren. Hitler verlässt Landsberg schließlich 3 Jahre, 333 Tage, 21 Stunden und 50 Minuten vor Ablauf der Strafe - mit einer weit größeren Anhängerschar als je zuvor. Den Putsch 1923 hatte er verloren, den Prozess 1924 gewonnen. Basierend auf Tagebucheinträgen, Polizeiberichten und den Protokollen der 24 Prozesstage erzählt der Regisseur Bernd Fischerauer in szenisch-dramatisierter Form die authentische Geschichte eines historisch folgenreichen Rechtsbruches. Das Dokumentarspiel beginnt beim versuchten Staatsstreich am Abend des 8. November 1923 im Münchner Bürgerbräukeller und endet mit Adolf Hitlers Freilassung im Dezember 1924. Erstmals wird ausschließlich anhand der Originaltexte dieses Ereignis deutscher Geschichte von Schauspielern (u.a. Johannes Zirner als Adolf Hitler, Peter Fricke als General Erich Ludendorff, Alexander Held als Gustav Ritter von Kahr) dargestellt, das aus Mangel an zeitgenössischem Film- und Fotomaterial bislang filmisch nur wenig beachtet wurde.
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