Musik, die wahrlich von Herzen kommt
Fußballhymnen. Schalalalala? Von singenden Kickern
Dokumentation
Zur EM 2024 werden wieder Fußballhymnen aus dem Radio und in den Stadien erklingen. Aber auch abseits der Großereignisse ist Musik aus dem Sport und der Fankultur nicht wegzudenken. Vereinshymnen, Schlachtrufe, Schmähgesänge: Stadien sind eine der wenigen Orte, an denen noch gemeinsam gesungen wird. Wie entstehen Fangesänge eigentlich? Was braucht eine mitreißende Vereinshymne? Und wer kam nur auf die Idee, Fußballprofis singen zu lassen? Gesang im Fußball, das ist mehr als "Zieht den Bayern die Lederhosen aus" und "Dann macht es Bumm". Der Sport- und Kulturjournalist Gunnar Leue hat ein ganzes Buch darüber geschrieben: In "You'll Never Sing Alone - Wie Musik in den Fußball kam" beschreibt er die Kulturgeschichte des Fußballlieds. Leues Plattensammlung beinhaltet mit dem "Deutschen Fußballmarsch" von 1921 die erste deutsche Fußballplatte und birgt jede Menge Skurrilitäten wie den singenden Diego Maradona. Als Fan des 1. FC Union Berlin ist Leue natürlich auch textsicher, wenn das ganze Stadion die von Nina Hagen komponierte Vereinshymne mitgrölt. Bei dem aktuellen, von der UEFA in Auftrag gegebenen Song "Unholy", interpretiert von DSDS-Schlagersternchen Leony, glaubt er nicht an ein kollektives Mitsingen aller Fußballfans. "Vieles, was in den vergangenen Jahren veröffentlicht wurde, ist meiner Meinung nach seelenlose Begleitmusik, oder es sind pathetische Wohlfühlsongs, die kaum über die Dauer des Turniers bei den Fans hängen bleiben." Was macht also einen Song aus, der hängen bleibt? Das weiß Komponist Christian Wiesing. Er hat über 100 Fußballhymnen komponiert, vor allem für Amateurvereine. Für ihn müssen Fußballhymnen vor allem einfach und für jeden verständlich sein. Emily Evels ist Kapitänin des SC Sand, eines Frauenfußballvereins aus der 2. Bundesliga. Sie findet, es sollte viel mehr spezielle Frauenhymnen der Vereine geben. Denn die meisten Frauenmannschaften müssen immer noch zu den Männerhymnen einlaufen. Der deutsche Musiker und Autor Thees Uhlmann hat seinem Verein, dem FC St. Pauli, mit "Das hier ist Fußball" eine ganz eigene Hymne gewidmet. In der 3sat-Kulturdokumentation "Fußballhymnen, Schalalalala?" lüftet er das Geheimnis um den geistreichen und zugleich emotionalen Fußballsong. Die Dokumentation nimmt die Gesangskultur auf Fernsehbühnen, in Fußballstadien und auf Bolzplätzen unter die Lupe. Sie lässt Fanclubvertreter, Hymnenkomponisten, Spielerinnen und akademische Fußballnerds zu Wort kommen, die Fangesänge wissenschaftlich untersuchen. Für Union-Fan Gunnar Leue steht fest: "Für mich sind Fußballlieder der pointierteste, mitreißendste, lustigste, hässlichste und zugleich peinlichste Ausdruck von Fußballverrücktheit."
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