Das Dorf in der Großstadt - Das Kontorhausviertel
Gesellschaft + Soziales
Die große Choleraepidemie von 1892 war der Anlass, die heruntergekommenen Altbaugebiete der Hamburger Innenstadt seit 1912 abzureißen und stattdessen das erste reine Büroviertel auf dem europäischen Kontinent zu errichten. Das Kontorhausviertel, inzwischen ist es UNESCO-Weltkulturerbe. Doch nicht nur Büros und Läden fanden hier ein Quartier, auch für rund 400 Menschen ist das Backsteinviertel das Zuhause. Der Film erzählt von diesem imposanten Viertel und den Hamburgern, die hier leben und arbeiten. "Ein Drittel meiner Gäste sind inzwischen Touristen. Durch den Welterbestatus sind das mehr geworden", sagt Helmut Willig. Der 63-Jährige ist Wirt der Gaststätte Altstädter Stube im Altstädter Hof. So heißt der Häuserblock zwischen Altstädter Straße und Steinstraße. Hier ist die Zeit wie konserviert, das Mobiliar hat sich seit den 1990er-Jahren nicht verändert, die Musik, die aus den Boxen klingt, auch nicht. 233 Wohnungen gibt es hier und um die 50 Läden, Werkstätten, Cafés und Gaststätten wie die von Helmut Willig. Erbaut wurde der Häuserblock 1936. Während der NS-Zeit wurden neben weiteren Kontorhäusern auch Wohnhäuser wie der Altstädter Hof errichtet. An seiner Fassade prangen die olympischen Ringe als Erinnerung an die Spiele 1936 in Berlin. Und auch Statuen verschiedener Berufe oder Gruppen, etwa Matrosen oder Kindermädchen, schmücken das Kontorhaus. Vor 28 Jahren hat der Wirt das Lokal Altstädter Stube übernommen. Heute sind es neben den Touristen vor allem Stammgäste aus der Nachbarschaft, die sich bei Willig hausgemachte Frikadellen mit Bratkartoffeln schmecken lassen. Viele Zutaten sind vom familieneigenen Hof in Westmecklenburg. Eier, Kartoffeln und Obst von dort verkauft er direkt vor seinem Lokal. Auch hier sind es vor allem die Nachbarn, die sich bei Willig eindecken und einen Schnack halten. "Hier im Viertel ist es eigentlich auch wie auf dem Dorf", sagt Helmut Willig. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht, auch wenn Corona und die aktuelle Inflation das Geschäft nicht einfacher machen. Einen Blick von oben über das Kontorhausviertel ermöglicht der Schornsteinfeger Danny Koch. Aber unten ist das Gewusel natürlich größer: Wie können Pakete möglichst schnell und umweltfreundlich an ihre Empfänger gebracht werden? Darum geht es in einem Pilotprojekt mitten im Kontorhausviertel. Mit futuristisch anmutenden E-Lastenrädern werden hier rund 500 Pakete täglich auf die letzten Meter geschickt. Was gar nicht so einfach ist bei Kopfsteinpflaster und regem Autoverkehr. Auch die Adressaten sind nicht immer leicht zu finden. Oliver Krüger ist hier dagegen immer zu Fuß unterwegs. Der kräftige bürgernahe Beamte kennt fast jeden der rund 400 Einwohnerinnen und Einwohner und auch die Ladenbetreiber. Er sorgt dafür, dass im Kontorhausviertel alles ordentlich und friedlich abläuft, kümmert sich um ältere Anwohner und hat "sein Viertel" bestens im Blick. Doch manchmal schwappt aus der Innenstadt etwas kriminelle Energie herüber. Für diesen Fall hat er ein zweites Funkgerät dabei, über das ihn seine Kollegen kontakten können. Wenn er Zeit hat, schaut sich der geschichtsinteressierte Mann im Chilehaus die Ausstellung über den Bau das rund 100 Jahre alten Viertels an.
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