
Sehen statt Hören
Infomagazin
Gesund und fit bleiben, kein Pflegefall werden und weiter im eigenen Zuhause leben: Das sind die meistgenannten Wünsche der Menschen, wenn sie über ihr eigenes Alter nachdenken. Doch viele denken sehr lange nicht übers Altwerden nach. Die Gedanken kommen bei den meisten erst, wenn beispielsweise die eigenen Eltern pflegebedürftig werden. Doch wie kann man gut und zufrieden alt werden? Um das herauszufinden, hat sich Sehen statt Hören-Moderatorin Anke Klingemann auf die Reise quer durch Deutschland gemacht. Sie hat Altenheime besucht, mit Pflegepersonal, Alltagshelfern und älteren Menschen in unterschiedlichsten Situationen gesprochen. Ein Altenheim für Gehörlose In einem Altenheim in Hamburg trägt das Personal nicht die typische weiße Arbeitskleidung, sondern türkisfarbene Kittel. Wieso? Hier ist die Gehörlosen-Community vereint – und die hat sich die Farbe Türkis gegeben, als Zeichen für Gemeinschaft, Toleranz und gegenseitigen Respekt. Kein Wunder also, dass in dieser Alteneinrichtung das gesamte Personal gebärden kann. Nicht nur alle Bewohner sondern auch der Heimleiter David ist taub. Und von den 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist fast die Hälfte gehörlos. Und das Haus? Ist vollbesetzt. Es ist das einzige Altenheim mit einem gehörlosen Einrichtungsleiter, das ausschließlich gehörlosen alten Menschen ein Zuhause bietet. Werbung braucht das Heim nicht: Auf drei Etagen leben 35 Bewohnerinnen und Bewohner - und freie Plätze sind sehr begehrt. Aufmerksam auf die Einrichtung werden die Interessenten durch die Homepage, durch Gehörlosennetzwerke und die Community – in der ist das Haus weithin bekannt. "Wir führen eine Warteliste, auf die man sich setzen lassen kann. Sobald ein Platz frei ist, telefonieren wir die Liste ab und fragen, ob das Interesse noch besteht und belegen den Platz dann wieder. Und die Liste ist lang", sagt der Hausleiter David. Die Atmosphäre ist familiär, es wird auf vieles geachtet, was das Leben hier für die Gehörlosen schöner und einfacher macht. Besonders wichtig ist die freie Kommunikation – für die Bewohner, aber auch für das taube Personal – so wie Judith, die hier seit zwei Jahren arbeitet. "Es ist toll! Es ist so schön, frei kommunizieren zu können. Bei meinen bisherigen Arbeitgebern war ich ausschließlich unter Hörenden. Die Erfahrungen, die ich dort sammeln durfte, kann ich nun den tauben Bewohnern hier zugutekommen lassen. Darum macht mir die Arbeit so viel Spaß", sagt sie. Trotzdem macht sich Heimleiter David zunehmend Sorgen um taube Menschen im Alter: Was, wenn sie in ein "normales" Pflegeheim kommen? Wie steht es dann um die Kommunikation, wenn niemand gebärden kann? "Von einigen, für die wir hier keinen Platz mehr hatten, weiß ich, dass sie in ein Altersheim mit Hörenden kamen und dass es verdammt hart für sie ist. Wenn ältere Menschen kein gebärdensprachliches Umfeld mehr haben, bauen sie kognitiv ab und die Lebensqualität sinkt rapide." Kommunikation steht seiner Meinung nach im Alter an erster Stelle – deshalb ist für ihn ein gebärdensprachliches Umfeld das Wichtigste. "Wer aktiv im Leben bleiben möchte, muss auch aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Also Kontakte zu anderen tauben Menschen pflegen, sich unterhalten, Sport treiben, sich regelmäßig treffen." Das wird besonders problematisch, sobald die ersten Mobilitätseinschränkungen eintreten. Wer dann zudem noch abgelegen wohnt, tritt häufig den sozialen Rückzug an – und bleibt lieber zu Hause. Doch laut David müssten gerade diese Menschen ermutigt und ins gesellschaftliche Leben zurückgeholt werden. "Darum finde ich es so wichtig, Netzwerke aufzubauen. Abhol- und Bringdienste sowie anderes ließen sich leichter organisieren." Willkommen bei "Sehen statt Hören" - der einzigen Sendereihe in der deutschen Fernsehlandschaft, die im Bild sichtbar macht, was man sonst nur im Ton hört! Nicht im "Off", sondern im "On" werden hier die Inhalte präsentiert - mit den visuellen Mitteln des Fernsehens, Gebärdensprache und offenen Untertiteln. Zielpublikum sind vor allem die etwa 300.000 gehörlosen, spätertaubten oder hochgradig schwerhörigen Zuschauerinnen und Zuschauern in der Bundesrepublik, die ein solches Programm benötigen, das ihren Kommunikationsbedürfnissen entspricht und ihnen optimale Verständlichkeit ermöglicht, aber auch alle anderen, die sich von den Themen und der ungewöhnlichen Machart angesprochen fühlen. In wöchentlich 30 Minuten bringt das vom BR produzierte und in allen Dritten Programmen ausgestrahlte Magazin Informationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, von Arbeitswelt, Familie, Freizeit, Sport über Kunst, Kultur, Bildung, Geschichte bis hin zu politischen, sozialen, rechtlichen und behindertenspezifischen Themen.
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