
Paradise Now
Drama
Khaled und Said sind "auserwählt", sie werden "zugerichtet": Reinigungsrituale, letztes Essen an einer langen Tafel als Abendmahl unter Neonröhren. Mit Sprengstoffgürteln und Anzügen werden sie an die Grenze gefahren. Dann geht etwas schief, sie müssen zurück, ein Aufschub, der alles ein bisschen verrückt. Said flirtet mit einem Mädchen, das ihm das Unternehmen auszureden versucht. Die Abschiedsrede vor einer Videokamera verbindet Khaled mit dem Hinweis an seine Mutter, wo sie billig einkaufen kann. Das Surreale scheint im Profanen durch, das Räderwerk der Organisation wirkt außerordentlich beklemmend. Khaled und Said handeln nicht aus Verzweiflung, sondern werden zu gut konditionierten Handlangern strenger, übergeordneter Strukturen. Abu-Assad ist es mit diesem Film, der bei den 55. Internationalen Filmfestspielen in Berlin 2005 mit dem Publikumspreis, dem Blauen Engel für den besten europäischen Film sowie dem Friedenspreis von Amnesty International ausgezeichnet wurde, gelungen, diese zugrunde liegende komplexe Thematik authentisch und überzeugend differenziert darzulegen, ohne dabei moralisierend oder belehrend zu wirken. Nüchtern versucht der Film, die Psyche der Täter auszuleuchten, wie ein zeitgeschichtliches Dokument. Der Respekt, den der Regisseur seinen Figuren entgegenbringt, ohne ihr Handeln gutzuheißen, liegt jenseits aller Menschtümelei, und die verhaltene Nähe, die er zu ihnen hält, bis er am Ende auf Distanz geht, ist die einzige Position, die der Regisseur bezieht. Damit bleibt er jenseits aller Propaganda für die eine oder andere Seite oder, wie die Reaktionen auf seinen Film beweisen, zwischen allen Stühlen. Für einen Regisseur ist das der beste Ort.
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