
Amanal Petros: ein Marathon bis zur Spitze
Folge 208 | Reportage
Seine Geschichte ist filmreif: Amanal Petros, der schnellste Marathonläufer und Rekordhalter in der deutschen Sporthistorie. 1995 im krisengeschüttelten Eritrea geboren, mit seiner Mutter als zweijähriger Junge nach Äthiopien geflüchtet, ohne Vater aufgewachsen. Schon als Kind lernt er auf den Feldern, was frühes Aufstehen und harte Arbeit bedeuten. Es ist ein täglicher Kampf. Mit 16 Jahren beschließt er, sich eine bessere Perspektive zu schaffen. Weil es emotional nicht zu bewältigen gewesen wäre, verlässt er seine Mutter und die beiden Schwestern, ohne sich zu verabschieden. Er will sich später um sie kümmern. In Bielefeld wird Petros 2012 in einer Unterkunft für Asylbewerber aufgenommen. Der Hobbyfußballer lernt die deutsche Sprache und entdeckt seine Liebe und das große Talent zum Laufen. 2015 besteht Petros den Einbürgerungstest mit Bravour. Der zielorientierte Athlet beantwortet 30 von 33 Fragen richtig. Und auch sportlich geht es weiter bergauf: Petros gewinnt zahlreiche Medaillen im Langstreckenbereich auf der Straße und im Stadion. Das bleibt auch einem der deutschen Topklubs nicht verborgen. Zur Saison 2019 wechselt Amanal Petros zum traditionsreichen TV Wattenscheid 01 und trifft dort mit Tono Kirschbaum auf eine deutsche Trainerlegende, die aus ihm einen Spitzenläufer formt, der auch international konkurrenzfähig ist. Am 6. Dezember 2020 knackt Petros den Deutschen Rekord über die 42,195 Kilometer lange Königsdistanz: In 2:07:18 Stunden verbessert er im spanischen Valencia die Bestmarke von Arne Gabius um über eine Minute und qualifiziert sich für die Olympischen Spiele. Ein Jahr später steigert er sich am selben Ort nochmal auf 2:06:27. Dass Petros trotz seiner psychischen Belastungen überhaupt zu diesen Leistungen imstande ist, grenzt an ein Wunder. Im Frühjahr 2022 wartet Petros seit mehr als einem Jahr auf ein Lebenszeichen von seiner Mutter und seinen Schwestern, die in den Kriegswirren des Tigray (Äthiopien) verschollen sind. "Ich trainiere 220 Kilometer pro Woche, ich versuche einfach müde zu sein, damit ich schlafen kann", sagt Petros damals. Ein Jahr später endlich etwas Erleichterung. Kurz vor seinem Start beim Hannover-Marathon gibt es gute Nachrichten aus Tigray: Der Konflikt hat sich entspannt und Petros zumindest sporadisch wieder Kontakt zu seinen Lieben, er weiß, dass sie am Leben sind! Mit einem neuen deutschen Rekord in der Zehn-Kilometer-Distanz und etwas mehr Zuversicht im Herzen kann Amanal Petros im Trikot seines neuen Clubs Marathon Team Berlin befreit in Hannover an den Start gehen. Für die "Sportclub Story" hat ein Filmteam Amanal Petros unter anderem im Trainingslager in Kenia mit der Kamera begleitet und ein bewegendes Reportageporträt über diesen sympathischen und tapferen Sportler gedreht, der sich trotz eigener Sorgen auch um andere Menschen kümmert.
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