
SeaWatch 3: Seenotrettung im Mittelmeer
Gesellschaft + Soziales
Als Carola Rackete im Hafen von Lampedusa unter Buhrufen und Jubel abgeführt wird, richten sich alle Kameras auf sie. "Du Komplizin von Menschenhändlern! Schäm dich!", schreien ihr Menschen am Pier entgegen. Die deutsche Kapitänin hat die "Sea-Watch 3" mit Geflüchteten an Bord ohne Erlaubnis in den italienischen Hafen gesteuert und wird vorläufig festgenommen. Ihre Verhaftung ist das spektakuläre Ende einer wochenlangen Odyssee auf hoher See. Wie kam es so weit? Was ist in den drei Wochen auf See passiert? In diesem Dokumentarfilm, für den Komponist Nils Frahm die Musik schrieb, können die Zuschauer*innen hautnah miterleben, was später weltweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Die Filmemacher Nadia Kailouli und Jonas Schreijäg haben all das dokumentiert. 21 Tage lang waren sie an Bord der "Sea-Watch 3". Vom Auslaufen bis zur Verhaftung. Sie filmen, als die Freiwilligen der "Sea-Watch"-Crew 53 Menschen aus einem Schlauchboot im offenen Meer retten. Sie filmen, als um zwei Uhr morgens plötzlich die italienische Polizei an Bord kommt und eine persönliche Warnung von Innenminister Matteo Salvini überbringt. Und sie hören die Geschichten der Geretteten, die ihnen nach und nach vom Horror Libyens erzählen. "Sie haben Menschen die Kehle durchgeschnitten. Sie haben Menschen vor unseren Augen verbrannt", erzählt eine junge Frau, die ihren Peinigern irgendwann entkommen konnte. "Lieber ertrinken wir im Meer, als dass auch uns die Kehle durchgeschnitten wird." Die Filmemacher dokumentieren, wie Kapitänin Rackete unermüdlich mit den Behörden verhandelt. Über Wochen will kein europäischer Staat die Geflüchteten aufnehmen. Der italienische Innenminister Salvini schließt die Häfen und poltert, die "Sea-Watch" könne bis Weihnachten auf See bleiben. Und so fährt das Rettungsschiff wochenlang im Zickzackkurs vor Europas Außengrenze umher. Dabei ist Lampedusa so nah. Tagein, tagaus Hoffnung und Verzweiflung an Bord. Die 53 geretteten Menschen teilen sich den harten Schiffsboden. Hier essen und schlafen sie und erzählen: Alles ist besser, als in Libyen zu sein. Als die Autoren für diesen Film aufgebrochen sind, hatte sich lange Zeit kaum jemand mehr für die Situation auf dem Mittelmeer interessiert. Die staatliche Seenotrettung war eingestellt, viele private Rettungsschiffe waren beschlagnahmt. Das Sterben war aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden und hatte doch nie aufgehört. Der Film dokumentiert ein dramatisches Stück Zeitgeschichte. Es ist ein außergewöhnlich ehrliches Protokoll einer Rettungsmission, deren Kapitänin unfreiwillige Berühmtheit erlangt, als sie im Jahr 2019 53 Menschen rettet, Salvini die Stirn bietet und so den Kurs der gesamten EU-Migrationspolitik infrage stellt.
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