
Georgiens Hafen der Hoffnung
Wirtschaft + Konsum
Nur vier Kilometer von der Grenze zur russisch besetzten Teilrepublik Abchasien am Schwarzen Meer liegt das kleine Dorf Anaklia: 2016 erhielt der Geschäftsmann Mamuka Khazaradze den Zuschlag, mit einem georgisch-amerikanischen Konsortium einen Tiefseehafen zu bauen, um das Land zur Drehscheibe auf der Neuen Seidenstraße für den Handel zwischen Europa und Asien zu machen. Doch plötzlich stockte das Großprojekt - der aus Russland heimgekehrte Milliardär Iwanischwili schien seine Finger im Spiel zu haben. Khazaradze wurde der Geldwäsche angeklagt, der Bau gestoppt. Gewinner war vor allem Russland, das nun keine Konkurrenz durch eine westlich kontrollierte Handelsroute im Südkaukasus für den eigenen Schwarzmeerhafen Noworossijsk mehr fürchten musste. Aber Khazaradze gab nicht auf, ging in die Politik und wurde zu einem Hoffnungsträger der westlich Orientierten im Land. Während Khazaradzes Konsortium über ein Schiedsgericht in Genf die Regierung zum Weiterbau des Hafens verpflichten wollte, wurden in Georgien demokratische Kontrollinstanzen abgeschafft und wichtige Institutionen unter Aufsicht von Iwanischwili-Vertrauten gebracht. Als sich die georgische Regierung auch im Ukraine-Krieg nur zögerlich von Russland abgrenzte, gingen Zehntausende auf die Straße: Sie fürchteten, dass im Falle eines russischen Kriegserfolges in der Ukraine der Übernahme Georgiens durch russlandfreundliche Kräfte nichts mehr im Wege steht. Das "Jahrhundertprojekt" Anaklia, das den wirtschaftlichen Aufbruch des Landes symbolisieren sollte, wird zum Sinnbild für das Scheitern Georgiens auf dem Weg nach Westen.
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