
1923! Der lange Schatten der Inflation
Zeitgeschichte
Die Inflation – ein Schreckgespenst. Das Gespenst weckt besonders in Deutschland tief verwurzelte Ängste. Aus einer aktuellen Umfrage geht hervor, dass 40 Prozent der befragten Deutschen aktuell die Inflation als größte Sorge betrachten. Erst danach folgten der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und der Klimawandel. Die Ängste vor einer Inflation wurden vor Generationen gesät: Die Hyperinflation von 1923 ist fast 100 Jahre her und hat sich dennoch bis heute tief ins kollektive Gedächtnis der Deutschen gefressen. Sie wurde zu dem wirtschaftlichen Urerlebnis, das bis heute den Umgang mit Geld prägt. Die Radio-Bremen-Autoren Susanne Brahms und Rainer Krause begeben sich in „Geschichte im Ersten: 1923! Der lange Schatten der Inflation“ auf Spurensuche bei Wirtschaftsexperten, Historikern und in Familiengeschichten: Was kann man aus der Geschichte lernen? Die Geldentwertung von 1914 bis 1923 war eine der radikalsten einer großen Industrienation. Vier Billionen zweihundert Milliarden Mark waren am 15. November 1923 gerade mal einen US-Dollar wert. Die Inflation von 1923 lag bei über 29.000 Prozent und vernichtete Sparguthaben, Vermögen, Renten und Existenzen. Das hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Familien gegraben. Bei Bremen hält eine Familie eine Standuhr in Ehren, die die Großmutter 1923 noch eben schnell für 80 Millionen Mark gekauft hat. Ein Münchner erzählt, dass ihn seine Eltern in der Notzeit 1923 einfach bei einem Bauern abgegeben haben, weil sie ihn nicht mehr ernähren konnten – er sah sie nie wieder. Dass ein Anzug beim Schneider an einem Tag eine Summe kostete, für die man am Tag drauf nur noch die Knöpfe bekam – das sind Geschichten, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Vor allem in den großen Städten führte die Inflation zu großer Not – konnten sich die Stadtbewohner doch nicht selbst versorgen. Doch es gab auch Profiteure: Schieber, Schwarzmarkthändler, Besitzer von Devisen erlebten ihre große Stunde. „Für ´nen Dollar in der Tasche gab‘s nicht halb, es gab ganz Berlin zu kaufen!“, erzählt Historiker Björn Weigel.
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