Sehen statt Hören
Infomagazin
Über den Tod und das Sterben zu reden, fällt vielen nicht leicht. Der Tod ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu-Thema. Aber woran liegt das? Hospizhelfer geben dem Tod die Menschlichkeit zurück. Die Gedanken an den Tod verschiebt man gerne auf später. Sterben, das hat für die meisten erst einmal nichts mit dem eigenen Leben zu tun. Doch irgendwann holt einen das Thema ein: Wenn die Großeltern sterben. Oder die Eltern. Dorothe Münz pflegt ihre 92-jährige demente Mutter. Als sie die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommt, wird klar, dass Dorothes Mutter nicht mehr lange lebt. Höchstens noch ein Jahr, heißt es. Kurze Zeit später verstirbt die Mutter – ein Schock für Dorothe. Zu dieser Zeit macht Dorothe Münz bereits seit über einem halben Jahr in München eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin. Das Thema Sterbebegleitung beschäftigt sie schon länger – auch aus einer persönlichen Erfahrung heraus: Ihr ebenfalls gehörloser Bruder ist vor etwa neun Jahren verstorben. Ganz plötzlich kam er ins Krankenhaus und sehr schnell in die palliative Versorgung. Damals wusste aus der Familie keiner, was das bedeutet. Die Bedürfnisse Gehörloser sind in der Phase des Sterbens anders als die von Hörenden: Musik oder Gesprächen können sie nicht lauschen. Es zählt die körperliche Nähe, der Halt, die Berührung. Das unmittelbare Gefühl, dass immer jemand anwesend ist – am besten jemand, der mit dem Gehörlosen auch kommunizieren kann. Willkommen bei "Sehen statt Hören" - der einzigen Sendereihe in der deutschen Fernsehlandschaft, die im Bild sichtbar macht, was man sonst nur im Ton hört! Nicht im "Off", sondern im "On" werden hier die Inhalte präsentiert - mit den visuellen Mitteln des Fernsehens, Gebärdensprache und offenen Untertiteln. Zielpublikum sind vor allem die etwa 300.000 gehörlosen, spätertaubten oder hochgradig schwerhörigen Zuschauerinnen und Zuschauern in der Bundesrepublik, die ein solches Programm benötigen, das ihren Kommunikationsbedürfnissen entspricht und ihnen optimale Verständlichkeit ermöglicht, aber auch alle anderen, die sich von den Themen und der ungewöhnlichen Machart angesprochen fühlen. In wöchentlich 30 Minuten bringt das vom BR produzierte und in allen Dritten Programmen ausgestrahlte Magazin Informationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, von Arbeitswelt, Familie, Freizeit, Sport über Kunst, Kultur, Bildung, Geschichte bis hin zu politischen, sozialen, rechtlichen und behindertenspezifischen Themen. Doris Ehrenreich, ehrenamtliche Hospizbegleiterin, nimmt Moderatorin Anke Klingemann mit auf die Palliativstation in Würzburg. Hier werden Gehörlose schon vorbildlich beim Sterben begleitet. Nähe und Berührung ohne Zwang, Handmassagen mit duftenden Ölen und Zuspruch. Auch letzte Wünsche sollen erfüllt werden. So gibt es hier auch ein Raucherzimmer – denn jeder soll seine letzten Tage so verbringen, wie er es mag. Ohne Verbote. Wie zuhause. Sechs gehörlose Hospizbegleiter gibt es in der Hospizgruppe Würzburg. Unterstützt werden sie von der Gehörlosenseelsorge der evangelischen und der katholischen Kirche. In München lernen Dorothe und die anderen angehenden Hospizbegleiter an einem Wochenende im Monat, Sterbende auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Insgesamt neun Monate dauert die Ausbildung, die von Dolmetschern begleitet wird. Vor rund 20 Jahren wurde die Hospizgruppe gegründet. Für ihre Arbeit erhielt sie 2016 den Bürgersozialpreis der Stadt Würzburg.
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