
Presseclub
Zeitgeschehen
Kürzere Asylverfahren, schnellere Abschiebungen, mehr Kontrollen an den Grenzen. Das sind nur drei von mehreren Maßnahmen, die die Ministerpräsidenten beschlossen und mit dem Bund vereinbart haben. Es soll ein Kurswechsel in der Asylpolitik sein. Nun wird innerhalb der Ampel und in der Opposition diskutiert, ob diese Beschlüsse zielführend sind, um die Flüchtlingszahlen zu senken. Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen mit hohen Ergebnissen für die AfD glaubten viele in den Parteien der Mitte, dass es so mit der Migrationspolitik nicht weitergehen könne, wolle man nicht noch mehr Stimmen an die Populisten verlieren. Der Kanzler forderte plötzlich schnellere Abschiebungen in großem Stil. Die Maßnahmen sollen unter anderem die Ampelparteien stärken und den Abwärtstrend in den Umfragen aufhalten. Doch reichen die gefassten Beschlüsse aus und gelingt damit ein Kurswechsel in der Asylpolitik? Sind sie praktisch und juristisch überhaupt durchsetzbar oder nur reine Symbolpolitik? Und: Sind Geflüchtete überhaupt das Problem oder haben wir eher ein Problem der sozialen Infrastruktur? Über die Umsetzung der Pläne herrscht Uneinigkeit Die Asylverfahren deutlich schneller - in 6 Monaten - durchzuziehen, könnte schon an der chronischen Unterbesetzung der Ausländerbehörden scheitern. Und ob Flüchtlinge 36 Monate statt 18 Monate weniger Geld als das Existenzminimum bekommen dürfen, damit muss sich eventuell noch das Bundesverfassungsgericht beschäftigen. Einer der Vorschläge ist vor allem umstritten: CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte initiiert, Asylverfahren in Drittstaaten durchzuführen. Dafür konnte er zunächst sogar den grünen Ministerpräsidenten Kretschmann gewinnen. Nun gibt es für diesen Vorschlag einen Prüfauftrag an die Bundesregierung. Gegenwind gab es direkt im Anschluss. Manche Abgeordnete der Grünen finden, der Prüfauftrag sei ein Skandal und nicht mit den Werten des Grundgesetzes vereinbar. Es gelte das Nichtzurückweisungsgebot im Völkerrecht. Auch Nancy Faeser hält den Plan für illusorisch. Großbritannien hat allerdings schon ein Abkommen mit Ruanda geschlossen und Italien hat gerade mit Albanien vereinbart, dort Asylverfahren durchzuführen. Ob diese Deals juristisch haltbar sind, ist noch nicht klar. Ein Gericht in Großbritannien entscheidet über das Abkommen mit Ruanda in der kommenden Woche, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte den Deal im Sommer 2022 erst mal gestoppt. In Deutschland ist der politische Streit um die richtige Asylpolitik weiterhin in vollem Gange. Die Union – insbesondere CDU-Chef Friedrich Merz - ist mit den Beschlüssen unzufrieden und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will sogar das Recht auf Asyl im Grundgesetz einschränken. Gäste • Ulrich Reitz, Chefkorrespondent FOCUS online Nach seinem Studium der Politik und Germanistik sowie einem Volontariat arbeitete Ulrich Reitz zunächst als Redakteur im Nachrichtenressort, politischer Korrespondent in der Parlamentsredaktion und später als Leiter des Ressorts Innenpolitik bei der Zeitung „Die Welt“. 1992 wechselte er als Redaktionsleiter zum „Focus“ nach Bonn. Ab 1997 war er Chefredakteur der „Rheinischen Post“. Von 2005 bis 2014 war Ulrich Reitz Chefredakteur der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Anschließend kehrte er zum „Focus“ zurück und leitete ihn bis zum Frühjahr 2016 als Chefredakteur. Nach einer Zeit als freier Journalist und Kolumnist ist er heute Chefkorrespondent bei „Focus online“. • Gordon Repinksi, Stellvertretender Chefredakteur von The Pioneer Gordon Repinski ist seit 2020 stellvertretender Chefredakteur von The Pioneer. Er berichtet über das Kanzleramt und die Außenpolitik und war in den vergangenen Jahren auf zahlreichen Auslandsreisen unter anderem in Russland, Afghanistan, der Ukraine, im Irak und weiteren Ländern des Mittleren Ostens. Er ist Herausgeber des Politiknewsletters „Hauptstadt – das Briefing“ sowie Host des gleichnamigen Podcasts. Zuvor war er stellvertretender Chefredakteur beim Redaktions Netzwerk Deutschland und Korrespondent für den SPIEGEL in Berlin und Washington, D.C. Im Januar 2024 wechselt Gordon Repinski als Deutschland-Chef zu „Politico“. • Dinah Riese, Redakteurin Inland taz Dinah Riese hat Kulturwissenschaften in Frankfurt Oder und Istanbul studiert und ein Volontariat bei der taz in Berlin absolviert. Seit 2018 kümmert sie sich im Inlandsressort der taz vor allem um die Themen Migration, Flucht und Einwanderungsgesellschaft. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit sind reproduktive Rechte. Für ihre Arbeit zum Abtreibungsparagrafen 219a Strafgesetzbuch wurde sie mehrfach ausgezeichnet. • Gilda Sahebi, Ärztin und freie Journalistin Gilda Sahebi ist ausgebildete Ärztin und studierte Politikwissenschaftlerin. Ihre journalistische Ausbildung absolvierte sie beim Bayerischen Rundfunk. Anschließend arbeitete sie als Autorin und Redakteurin für die ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“. Aktuell ist Gilda Sahebi freie Journalistin und beschäftigt sich mit den Themen Antisemitismus und Rassismus, Frauenrechte, Naher Osten und Wissenschaft. Sie ist Autorin bei der taz.die tageszeitung, für die sie zwei Jahre lang auch die Kolumne „Krank und Schein“ verfasste, und arbeitet für verschiedene Formate der ARD. Der Presseclub ist eine aktuelle Diskussionssendung, in der das jeweils wichtigste politische Thema der Woche aufgearbeitet wird. Journalistinnen und Journalisten mit unterschiedlichen Standpunkten analysieren aus unterschiedlichen Blickwinkeln politische Ereignisse und Entwicklungen. Dabei wird der Hintergrund von Schlagzeilen aufgehellt, und es entsteht im Dialog ein Wettstreit um die Interpretation von politischen Vorgängen. Für das Publikum ergibt sich damit ein Angebot von Meinungen, die sich in der Diskussion überprüfen lassen müssen und auf diese Weise ihre Glaubwürdigkeit und Plausibilität unter Beweis stellen müssen.
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