ZDF.reportage
Folge 188 | Zeitgeschehen
Die Schäden der Flutkatastrophe im Juli 2021 waren immens. Noch immer sind Aufräumarbeiten und Wiederaufbau nicht abgeschlossen. Viele Geschädigte warten ungeduldig auf finanzielle Hilfe. Während die Diskussion um politische Verantwortung weitergeht, wollen die Menschen im Ahrtal und den anderen Flutregionen endlich Normalität. Die Flut verursachte in einer Nacht Schäden in Milliardenhöhe, manche Wiederaufbauprojekte dauern quälend lang - warum? Die Auftragsbücher von Heizungs- und Sanitärinstallateur Marcus Sebastian sind voll. Neue Heizungen, neue Bäder - der Bedarf im Ahrtal ist groß. Marcus Sebastian schildert die Schwierigkeiten aus Handwerkersicht: Bau-Materialien sind knapp oder gar nicht zu bekommen, was häufig den Wiederaufbau verzögert. Alle wollen möglichst schnell bedient werden. Auch Sebastians Wohnhaus und sein Betrieb sind stark beschädigt. Täglich schafft der 45-Jährige den Spagat zwischen Aufträgen, Aufbau seines Hauses und Betriebs und den Sorgen in der eigenen Familie. Nicht jeder kann mit der Sanierung beginnen. Noch sind Gutachten, Versicherungszahlungen und Wiederaufbauhilfe nicht überall geklärt. Auch Daniela Mahler aus Bad Neuenahr-Ahrweiler musste lange warten. Im Januar kam endlich der Bewilligungsbescheid von der Investitions- und Strukturbank (ISB). "Viele warten noch immer auf eine Antwort der ISB, kommen nicht weiter, da sie ohne Bescheid keine Handwerker bekommen", erzählt die Sozialarbeiterin. Dank des Portals "5-Euro-Haus" konnte Mahler zumindest vorab die Elektrik in ihrem Haus neu verlegen lassen. Die Idee des Projekts: Fünf Euro pro Spender und Monat gehen direkt auf die Konten der Betroffenen. Baustoffe für alle - das ist die Mission von Tibor Schady, der als ehrenamtlicher Helfer in Erftstadt im Einsatz ist. Der 45-Jährige stellt kostenlos Baustoffe für Flutopfer bereit, gespendet von Baufirmen und Privatleuten. Betroffene können alles abholen, was sie für Renovierungen und den Wiederaufbau benötigen: Werkzeug, Farbe, Fliesen, Silikon, Beton, Dämmwolle, Holz, Kohle, ganze Badezimmerausstattungen gibt es im Lager. Rund 150 Leute koordiniert Tibor Schady in seinem freiwilligen Helferteam. "Weiße Farbe, Silikon und Fliesenkleber sind besonders gefragt", berichtet er. Nicht nur aus Erftstadt, sondern aus allen betroffenen Flutregionen reisen Menschen an. Viele ehrenamtliche Helfer sind nach den ersten Wochen und Monaten wieder abgezogen - die "Dachzeltnomaden" sind geblieben. Gründer Thilo Vogel lebt selbst seit fünf Jahren im Auto mit Dachzelt - daher der Name der Gruppe. Bis zu 130 Ehrenamtliche pro Tag helfen im Ahrtal beim Entkernen von Gebäuden bis hin zum Abriss. Manche bleiben für ein, zwei Tage im Basislager, andere für mehrere Wochen. Jeder kann ihre Hilfe kostenlos buchen, das Projekt trägt sich über Geld-, Material- und Sachspenden. Für den Kunden sind die Dachzeltnomaden weitaus mehr als nur praktische Hilfe. Sie geben auch moralische Unterstützung. Die "ZDF.reportage" zeigt, wo der Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe mithilfe von Spendengeldern, Förderungen und Freiwilligen voranschreitet und wo es noch hakt.
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