
Nachtcafé
Folge 983 | Talkshow
Für viele Menschen ist das Frühjahr die Zeit, sich mit dem eigenen Gewicht auseinanderzusetzen: Wie viele Kilo hat man über den Winter zugelegt? Welche Diäten und Workouts versprechen den schnellsten Weg zur Bikini-Figur? In der Gesellschaft gilt: Schlank ist schön. Wer dick ist, passt nicht ins Ideal - und häufig auch nicht in die Mode oder genormte Sitze in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das führt nicht selten zu Mobbing, Essstörungen und Depressionen. Eine Gegenbewegung setzt sich für eine positive Einstellung zum eigenen Körper ein und will unrealistische Ideale abschaffen. Körper gibt es in allen Größen und Formen: Jede:r ist schön, so wie er ist. Zwei Drittel der deutschen Männer und die Hälfte der Frauen sind übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen gilt als adipös. Umgekehrt deuten Studien aber auch darauf hin, dass Menschen mit leichtem Übergewicht sogar länger leben. Wieviel Gewicht ist also in Ordnung? Reiner Calmund wurde oft als "XXL-Manager" tituliert und kokettierte auch selbst mit seinen Pfunden. Dennoch unternahm er etliche Versuche, sein erhebliches Übergewicht loszuwerden. Doch Diäten und Fitnessprogramme waren erfolglos, erst mit einer Magenbypass-Operation konnte er sein Gewicht nun nahezu halbieren. "Ich bin immer noch Feinschmecker, heute reicht mir allerdings ein Drittel der Portion von früher", so das ehemalige Fußball-Schwergewicht, das aktuell 90 Kilo auf die Waage bringt. Dass alle Menschen es aus eigener Kraft zum Traumkörper schaffen können, war die Botschaft von Sophia Thiel, einer der erfolgreichsten Fitness-Influencerinnen des Landes. Doch hinter der durchtrainierten Fassade kämpfte sie mit Selbstzweifeln, Essanfällen und Gewichtsschwankungen. "Ich habe mich abgrundtief gehasst und habe gedacht, so darf ich nicht sein", erklärt sie ihre Auszeit und ihren Rückzug aus der Öffentlichkeit. Heute hat sie Frieden mit sich und ihrer Figur geschlossen. Melodie Michelberger wirbt dafür, dass auch dickere Menschen so akzeptiert werden, wie sie sind. Das gelte aber nicht nur für das Umfeld, sondern ganz besonders auch für die Betroffenen selbst, die oft mit ihrem Gewicht hadern und sich selbst kasteien würden. "Mein Gewicht war immer ein Thema, für andere und für mich selbst", sagt die Aktivistin, aber damit sei jetzt Schluss: "Ich habe mir den Begriff ,dick' zurückerobert!" Auch Michaela Wanner sagt: "Ich bin eine dicke Frau!" Doch die Stuttgarter Gastronomin kann sich damit nur bedingt abfinden. Dass sie jede Jeans in drei Größen kaufen muss, nervt sie so sehr wie die schlechte Laune als Nebeneffekt einer Diät. "Mir würde es besser gehen, wenn ich dünner wäre", sagt Wanner, "aber ich kann es nicht ändern." Martin Hahn hingegen arbeitet täglich an seinem Körper. Lange Zeit hatte er nicht das für ihn richtige Gewicht; als Jugendlicher war er zunächst zu dick, dann zu dünn. Erst als er mit dem Bodybuilding begann, fing er an, sich in seinem Körper wohlzufühlen. Als starker Mann fühlt er sich heute selbstbewusst. Doch um die richtige Figur zu haben, richtet er sein gesamtes Leben darauf aus. Und er stellt fest: "Wenn man mit sich im Reinen ist, ist alles okay!" Alexander Bartelt ist Biochemiker und Molekularbiologe. Er forscht zu den Mechanismen von Fettgewebe und Stoffwechsel und weiß: "Ein wenig Übergewicht ist in der Regel nicht schädlich." Jeder Mensch trage eben mehrere Kilogramm Körperfett mit sich herum - und das sei völlig normal. Er weiß aber auch, dass schweres Übergewicht eine ernsthafte Krankheit ist: "Aus medizinischer Sicht sind die Deutschen zu dick."
Diese und 50.000 weitere Sendungen in
