Sehen statt Hören
Infomagazin
Wolfgang Müller ist lebenslustig und sportlich, hat einen fantastischen Orientierungssinn. Den Moment, in dem sich alles verändert, verortet seine Frau Ursula Müller an einen Flughafen: Wolfgang weiß plötzlich nicht mehr, wo er ist, auch mit den Flugtickets kann er nichts anfangen. Wir alle verlegen mal das Handy, mal den Schlüssel. In aller Eile lassen wir bestimmte Dinge kurz irgendwo liegen und wissen schon Minuten später nicht mehr, wo. Eine Demenz äußert sich anders. Das Vergessen ist extremer, ungewöhnlicher und lässt sich mindestens schon seit sechs Monaten beobachten, weiß Andrea Huckemeier vom Kompetenzzentrum "Hörschädigung im Alter" in Nordrhein-Westfalen; sie ist spezialisiert auf Demenz. Viele Erkrankungen haben ein klares Krankheitsbild, so auch die Demenz. Wenn Demenz klar diagnostiziert werden kann, dann ist es auch möglich, gezielt zu behandeln und zu unterstützen. Um eine Demenz jedoch eindeutig diagnostizieren zu können, ist ein Demenztest erforderlich. Solche Tests sind für hörende Personen bereits entwickelt worden. Für gehörlose Menschen ist derzeit ein Demenztest in Gebärdensprache in der Erprobung. Ein absolutes Novum in Deutschland! Ursula wollte verhindern, dass ihr Mann ins Pflegeheim muss. Selbst nach einer Operation an ihrer Schulter, hat sie noch nach anderen Möglichkeiten gesucht, doch als Wolfgang öfter aus dem Rollstuhl gefallen ist und auch auf die Toilette gesetzt werden musste, überstieg das Ursulas Kräfte. Die eigene Demenz, die eines Angehörigen oder die des Partners in der Gehörlosengemeinschaft öffentlich zu machen, davor scheuen viele zurück. Demenz bleibt ein Tabu-Thema. Wieviel möchte man von sich preisgeben, was sagt man besser nicht? Gerade in der Gehörlosenwelt, in der jeder jeden kennt. Das hat auch unsere Arbeit und die Recherche enorm erschwert. Betroffene gibt es zwar, aber nur wenige trauen sich vor die Kamera. Willkommen bei "Sehen statt Hören" - der einzigen Sendereihe in der deutschen Fernsehlandschaft, die im Bild sichtbar macht, was man sonst nur im Ton hört! Nicht im "Off", sondern im "On" werden hier die Inhalte präsentiert - mit den visuellen Mitteln des Fernsehens, Gebärdensprache und offenen Untertiteln. Zielpublikum sind vor allem die etwa 300.000 gehörlosen, spätertaubten oder hochgradig schwerhörigen Zuschauerinnen und Zuschauern in der Bundesrepublik, die ein solches Programm benötigen, das ihren Kommunikationsbedürfnissen entspricht und ihnen optimale Verständlichkeit ermöglicht, aber auch alle anderen, die sich von den Themen und der ungewöhnlichen Machart angesprochen fühlen. In wöchentlich 30 Minuten bringt das vom BR produzierte und in allen Dritten Programmen ausgestrahlte Magazin Informationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, von Arbeitswelt, Familie, Freizeit, Sport über Kunst, Kultur, Bildung, Geschichte bis hin zu politischen, sozialen, rechtlichen und behindertenspezifischen Themen.
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