Wenders-Klassiker über eine Männerfreundschaft
Im Lauf der Zeit
Roadmovie
Seit zwei Jahren ist Bruno Winter in seinem alten umgebauten Möbelwagen, der ihm zugleich als Unterkunft dient, entlang der DDR-Grenze unterwegs. Er lebt davon, die Filmprojektoren der aussterbenden lokalen Kinos zu reparieren. Allein und ungebunden fährt er von Ort zu Ort, immer dorthin, wo er gerade gebraucht wird. Eines Morgens beobachtet er, wie ein Mann mit seinem VW-Käfer in voller Fahrt in der Elbe landet. Während das Auto in den Fluten versinkt, kann sich der halsbrecherische Fahrer, Robert Lander, retten. Mit seinem Koffer klettert er aus dem untergehenden Wagen und schwimmt an Land. Ohne große Worte lädt Bruno ihn zur gemeinsamen Weiterfahrt ein und die beiden einsamen Männer werden zu Reisegefährten. Gestärkt durch ihre Gemeinschaft, wagen sie es, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen: Robert durchbricht die Funkstille mit seinem Vater, dem er die Schuld für das Scheitern seiner eigenen Ehe gibt. Und Bruno sucht die Orte seiner Kindheit auf, um diese endlich hinter sich lassen zu können. Jeder Kilometer, den sie gemeinsam zurücklegen, stärkt das Band der Freundschaft zwischen den beiden Aussteigern. Regisseur Wim Wenders gab mit "Im Lauf der Zeit" 1976 sein Festival-Debüt in Cannes, wo das ohne ausgeschriebenes Drehbuch gedrehte Roadmovie den FIPRESCI-Preis erhielt. Ein Kultfilm wurde "Im Lauf der Zeit" auch, weil er einen subjektiven Überblick über die deutsche Kinogeschichte bietet. Typisch für Wenders ist das Thema USA - hier in Form der Amerikanisierung des deutschen Lebens. Mit Rüdiger Vogler und Hanns Zischler sind zwei außergewöhnliche Schauspieler zu sehen: ehrlich, frei heraus und authentisch wirkend. "Im Lauf der Zeit" wird vom 1. Juli bis 31. Oktober 1975 entlang der DDR-Grenze gedreht von Lüneburg nach Hof. Das in Schwarz-Weiß gedrehte Roadmovie handelt außer von Männerfreundschaft und der Auseinandersetzung mit der Kindheit auch vom Kinosterben im Zonenrandgebiet und Wenders persönlichen Kinovorlieben, schreibt also auch eine subjektive Geschichte des Films von der Stummfilmzeit an. "Ein Männerfilm ohne den frauenfeindlichen Zynismus der amerikanischen Vorbilder", schwärmte die deutsche Presse, als Wim Wenders' romantisch-lakonisches Roadmovie in die Kinos kam. Im Mittelpunkt stehen Bruno, der "King of the Road", und Robert, genannt "Kamikaze". Der Zufall bringt sie zusammen. Bruno fährt im Jahr 1976 an der Zonengrenze zwischen dem in DDR und BRD getrennten Deutschland entlang und repariert in Dörfern und Kleinstädten Kinoprojektoren. Robert, der sich von seiner Frau getrennt hat und ständig auf der Suche nach einem Telefon ist, begleitet ihn spontan. Ein Roadmovie durch das, was von Deutschland noch geblieben ist, oder, wie Wim Wenders sagt: "Ein Abenteuerfilm über das Ende des Kinos auf dem Land und den Anfang des Lebens mit 30." Eine schwarz-weiß komponierte Liebeserklärung an die Sehnsucht und den Zweifel.
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